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Sonntag, 15. Juli 2018

Eine Schreibmaschine für König Chulalongkorn

und warum zwei Buchstaben verloren gingen.

Vor  150 Jahren – am 23. Juni 1868 – meldete die US-Rüstungsfirma Remington die erste industriellgefertigte Maschine zum Patent an.  Sie wurde laufend verbessert, unter anderem durch den ausgewanderten Deutschen Franz Xaver Wagner, der das nach ihm benannte „Wagner-Getriebe“ erfand,  ein Hebelwerk zwischen Taste und Type, wie es bis zur Erfindung der Kugelkopfmaschine praktisch unverändert in Gebrauch war.

Die Firma Underwood produzierte nach diesem Wagner-Patent in den USA sehr erfolgreich Schreibmaschinen, und nach dem gleichen Patent baute auch die Firma Smith ihre Geräte. Diese zeichneten sich dadurch aus, daß sie keine Umschalttaste besaßen, sondern eine Volltastatur mit je einem Zeichensatz für Groß- und Kleinschreibung.  Diese waren übereinander angeordnet in sieben Reihen zu je 12 Buchstaben, insgesamt 84 Tasten. 

Die Idee einer thailändischen Schreibmaschine  kam Edwin McFarland, der damals im Auftrag des thailändischen Bildungsministeriums  tätig war und von Minister Prinz Damrong Rajanupab ดำรงราชานุภาพ  zu seinem Privatsekretär ernannt wurde.  Während dieser Zeit sah  McFarland die Bedeutung der Schreibmaschine für die im Gange befindliche Modernisierung Siam voraus  und bat um Erlaubnis, in die USA zu gehen, um die Möglichkeit der Fabrikation einer Maschine mit thailändischen Schriftzeichen zu erkunden. 

Da die thailändische Schrift  wesentlich mehr Zeichen umfaßt als die lateinische Schrift, wurde zunächst eine Bestandsaufnahme gemacht: Es gab 44 Konsonanten, 28 Vokale in 31 Schreibweisen, 5 Tonzeichen und sieben diakritische Zeichen (an den Buchstaben angebrachte  zusätzliche kleine Zeichen, die die Betonung oder Aussprache ändern )  Alles in allem 86 Zeichen,  also genau zwei mehr, als  die  Volltastatur der Smith umfaßte.  Ein Hinzufügen von weiteren Zeichen war aus technischen Gründen  nicht möglich und hätte eine komplette Neukonstruktion erfordert. 

Was tun?  McFarland besprach sich mit Herrn Plueng Suthikham (อาจารย์เปลื้อง สุทธิคำ), einem Lehrer an der  Bangkok Christian School  und man kam schließlich überein,  die Buchstaben
"ฃ" kho khuat and "ฅ" kho khon  herausfallen  zu lassen. Beide zusammen  konnten durch das  gleich klingende "ข" kho kai    ersetzt werden.   Dabei ist es bis heute geblieben,  die beiden Buchstaben stehen aber  in der Buchstabentafel, um die traditionelle  Ordnung von 44 Konsonanten zu bewahren.

Mit den elimierten zwei Zeichen stand nun  einer Musterfertigung nichts mehr im Wege und McFarland   bat den Besitzer der  Smith Premier Fabrik  in den USA um die Erlaubnis, diese erste thailändische Schreibmaschine nach Siam zu bringen, um sie  König Chulalongkorn Rama V. Persönlich zu übergeben.

Nach seiner Ankunft in Siam 1896  bekam Mcfarland  sofort eine Audienz beim  König   und präsentierte ihm die allererste Thai-Schreibmaschine.  Seine Majestät war hocherfreut und begann sofort seinen Namen zu schreiben, nachdem er sich die Funktionsweise hatte erklären lassen.  Eine große Schar  Zuschauer staunte über dieses Wunderwerk, der König selbst hatte Schreibmaschinen natürlich schon auf seinen Europareisen kennen gelernt.   Er  war sicher, daß thailändische Schreibmaschinen in Zukunft einen großen Beitrag zur Modernisierung  leisten würden.

Kurz nach seiner  Präsentation im Palast kehrte Edwin McFarland in die USA zurück und verstarb 1895 dort. Nach Edwin McFarlands Tod übernahm sein jüngerer Bruder George B. McFarland die Arbeit der thailändischen Schreibmaschinenentwicklung von seinem älteren Bruder mit seiner Demonstration der Schreibmaschine an die Öffentlichkeit.
  
Die Kinder lernen heute  zwei Buchstaben, die aber nicht mehr benutzt werden.  Flasche "Khuat" wird   ขวด  geschrieben und nicht   ฃวด,  und "Khon" คน anstatt ฅน.  Einige Publizisten und Verlage bemühen sich aber, die alten Buchstaben wieder zu neuem Leben zu erwecken, was Dank Computersatz ja kein Problem ist. In einem 2006 gedrehten Film mit dem Titel ฅนไฟบิน (Fliegende Feuerperson)  wurde, da er im Siam des Jahres 1890 spielt,  das alte ฅ im Titel verwendet,  um die Zeit besonders hervorzuheben.



Montag, 4. April 2016

....besucht das Tamar Center und erzählt etwas über das älteste Gewerbe der Welt.

Nach einem erholsamen Vormittag am Pool   fahre ich  heute zum Tamar Center, einer christlichen Einrichtung. Hier wird Frauen, die aus der Prostitution aussteigen wollen,  eine Berufsausbildung angeboten.  Steffie führt mich herum und zeigt mir die Backstube und die Kartenproduktion.   Ich trinke noch einen Kaffee,  probiere einen der angebotenen Kuchen  und genieße die Airconditioning. Draußen ist es brüllend heiß und etwas Wind geht natürlich nur am Strand, nicht in den Strassen.  Ich verspreche Steffie,  etwas in unserer Gemeindezeitung über Tamar zu schreiben.  

Man schätzt, daß es etwa 30.000 Sex-worker in Pattaya gibt, Frauen, Männer, Ladyboys und alles dazwischen. Die meisten sind Thais, aber es gibt auch eine erstaunliche Anzahl Russinnen und  Ukrainerinnen,  jedenfalls werden sie in den einschlägigen Etablissements so angepriesen. 

Prostitution ist nicht mit den den Ausländern nach Thailand gekommen, diese Fehlinformation sollte mittlerweile widerlegt sein, sie hat nur einen enormen Aufschwung genommen mit den GI´s, die während des Vietnamkriegs zu RR ( Rest and Recreation) nach U-Tapao eingeflogen wurden. Der während des Vietnamkriegs genutzte Militärflugplatz  diente den   Amerikanern  als Basis und  ist nur wenige Kilometer von Pattaya entfernt, und so bevölkerten mehr und mehr amerikanische Soldaten die Bars und Badehäuser.  Wo eine Nachfrage ist, entwickelt sich ein Markt, und ein Markt zieht aus wieder neue Kundschaft an.  
Mit den Billigflügen nach Thailand um 1970 kamen dann auch sehr viele Touristen aus Westeuropa, aus dieser Zeit stammt der überlieferte Spruch (du Neckelmann, du bumsen?"
Aus dieser Zeit stammt das Bild hier, auf dem Schild steht Ab-ob-nuad,  das bedeutet  baden-heizen-massieren.  Ein Badehaus, auch Türkisch-Bad genannt, war eine äußerst beliebte Institution. Der ( männliche ) Besucher betrat das Haus und fand sich in einem großen abgedunkelten Raum wieder.  Abgetrennt durch eine Glasscheibe saßen die Masseusen wie Hühner auf der Stange zur Begutachtung. 
Bei einem Bier wurde dann gefachsimpelt, welche denn nun am besten massieren täte, die wurde dann herausgerufen, bewaffnete sich mit Handtüchern und geleitete den Gast in eine Badezimmer.  Sie ließ heißes Wasser ein ( eine Seltenheit in einem Thai-Haushalt damals), assistierte beim Entkleiden und seifte den Gast dann in der Wanne ordentlich ein.  Anschließend wurde er trocken gerubbelt und durchgeknetet. Sofern der Gast  Extrawünsche hatte, wurde diese gegen einen Aufpreis bereitwilligst erfüllt.  
In den Bars ging es recht gesittet zu, die Damen waren vollständig bekleidet und nicht nur mit knappen Bikinis wie heute.  Das Werbeplakat der Mosquito Bar ist in sofern irreführend, als daß die Damen zu der Zeit niemals oben ohne getanzt haben. Die  Herren der Band spielten, das ist korrekt, im Anzug. 
So gingen die Jahre ins Land, der Vietnamkrieg ging zu Ende, es kamen immer mehr Touristen und das Geschäft mit dem Sex boomte.  Aus den Bretterbuden wurden massive Häuser mit Leuchtreklamen, aber ganz, ganz früher sah es etwa so aus: 
Bordellstrasse im alten Siam, vor etwa 150 Jahren. Vor jeder Tür hängt eine rote Lampe, damit der Besucher weiß, woran er ist.  Noch um 1972 gab es ähnliches auf dem Lande, da waren tagsüber Nähstuben in Betrieb, abends wurden die Maschinen reingeholt und rote Laternen aufgehängt.


Zur Geschichte der Prostitution:

König Chulalongkorn, der große Reformer des alten Siam, hatte 1874 ( die USA auch erst 1865)  dekretiert, daß die Sklaverei  abzuschaffen sei. Durchgesetzt hat sich das Sklavenverbot erst 1905, als das mittelalterliche System der Fronarbeit durch die direkte Besteuerung der ehemaligen Sklavenherren und die Bezahlung der ehemaligen Leibeigenen erfolgte. Durch Beendigung des Sklavenhandels festigte sich das Selbstbewusstsein der Bevölkerung und das Vertrauen zum König. Aber viele Frauen verblieben in sklavenähnlichen Verhältnissen und mußten in Bordellen den Männern der Oberschicht zu Diensten sein.
 Und wahr ist ebenso, daß Südostasien schon immer Männer aus fernen Ländern anzog, die exotische Weiblichkeit schätzten und sich dort auch entsprechend – und vollkommen ungehindert – bedienen konnten.
Ein heute noch bekanntes Etablissement um 1900 hieß zum Beispiel Splendid Bar & Restaurant. Um 1900 führte die Bar der 1874 in Czernowitz in der Bukowina geborene Abraham Ausländer, der aus Schanghai nach Bangkok gekommen war.  Abraham Ausländers offiziell zur Bedienung angestellte Frauen zogen jedenfalls schon zu König Chulalonkorns Zeiten die Kundschaft an. Auch einheimische Prinzen schlugen sich hier Nächte um die Ohren und vergaßen hinterher gelegentlich, den Geldboten zu schicken, wenn die Rechnung etwas höher als geplant ausfiel. ( Geschichte der Prostitution in Thailand, Pakinee )

Und wie sieht es heute aus? Ganz typisch ist folgende Geschichte: eine junge Frau aus dem Nordosten, einer landwirtschaftlich geprägten  Gegend, verheiratet sich voller Liebe mit einem Thai, bekommt ein Kind, der Mann haut ab und sie steht alleine da.  Gute Freundinnen erzählen von den tollen Verdienstmöglichkeiten in Bangkok oder Pattaya, sie fährt hin, nur um zu erkennen, daß es zwei Möglichkeiten gibt: für ganz wenig Geld 12 Stunden in einem billigen Restaurant schuften - oder sich zu prostituieren und viel Geld zu verdienen. Als sitzengelassene Ehefrau ist der Weg dann nicht allzuweit, zumal die Freundinnen mit ihrem Geld, Schmuck und tollen Kleidern protzen. Und da ist ja sogar die Hoffnung auf einen reichen Farang (Ausländer), der einen heiratet.  Die Chancen, einen Thai-Mann zu heiraten sind für sie jetzt praktisch auf Null, Bar-Girls werden nur von Ausländern geheiratet.

So fängt es dann an, das Leben als Prostituierte. Noch ist sie jung und attraktiv, verdient viel Geld und kann ihre Eltern unterstützen, die auf das Kind aufpassen. Der  Rest geht dahin für Kleider, Schmuck und sonstwas. Wenn sie klug ist, kauft sie daheim ein Grundstück als Altersvorsorge.
So gehen die Jahre dahin, das HIV-Risiko ist extrem hoch, und der Verdienst wird langsam geringer, bis sie eines Tages sehen muß, daß jüngere Mädchen das Geschäft übernehmen.
Erstrebenswert ist daher, möglichst noch am Anfang der Karriere einen netten Ausländer zu finden, der sie heiratet. Damit sind die Probleme natürlich noch nicht aus der Welt, denn eine Urlausbsliebschaft ist etwas anderes als eine Ehe in einem fremden Land.  Aber das ist Stoff für einen anderen Blog.