Mittwoch, 14. März 2018

Boonpong – Held von Kanchanaburi

 

Boonpong Sirivejjabhandu,  besser bekannt nur  unter dem Namen Boonpong, war ein thailändische Kaufmann, der während der japanischen Besatzung im zweiten Weltkrieg vielen Kriegsgefangenen an der „Death Railway“ das Leben gerettet hat.

Thailand 1941: Die Japaner hatten auf ihrem Eroberungsfeldzug jetzt auch Thailand besetzt.  Ihr eigentliches Ziel waren aber die von den Briten kontrollierten Gebiete Burma die Halbinsel Malaya und natürlich die Kolonie Britisch-Indien als Fernziel.
Die Regierung unter Phibulsongkhram  entschied im Interesse des Landes, daß es besser wäre, sich mit den Japaner zu verbünden, als gegen ihre Besatzung zu kämpfen, ein ohnehin wenig aussichtsreiches Unterfangen bei deren militärischen Übermacht.  Die Regierung erklärte formell  Amerika und Großbritannien den Krieg und erlangte wieder die Kontrolle über ihr Militär.  

Japan betrachtete Thailand wohlwollend als „Marionettenstaat“, ähnlich wie vorher Mandschukuo.  Dort hatte man 1934 sogar einen Kaiser installiert, um den Anschein von Selbstbestimmung zu wahren.  Pu-Yi war der letzte Kaiser von China und wurde wie eine Marionette von Japan geführt. 

In Thailand beließ man die Regierung und hielt sich weitgehend aus inneren Angelgegenheiten heraus,  konzentrierte sich auf die Eroberung Burmas und dann Indiens.   Thailands König  Ananda Mahidol, der nach Abdankung seines Onkels Rama VII im Jahre 1935  ernannt wurde,  war  jetzt gerade 16 Jahre alt. Er lebte die ganze Zeit seiner Ausbildung in der Schweiz und kehrte erst nach Ende des Krieges in sein Land zurück.  Die Japaner hatten somit freie Hand.Laut Vertrag hatten sie Zugriff auf die Infrastruktur, besonders die Eisenbahn, aber auch auf Flugplätze und Marinebasen.

Nicht zuletzt deswegen hatte sich von 1942 an  aber bereits eine Anti-Japan Bewegung gebildet unter der Führung des Kronregenten Pridi Banomyong, der  die hoheitlichen Aufgaben des abwesenden Königs wahrnahm.  Die Bewegung spionierte für die Alliierten und verübte Sabotageakte gegen die Japaner.  Gleich nach der japanischen Kapitulation am  2. September 1945 widerrief Pridi die Verträge der Phibulsongkhram-Regierung mit Japan und erklärte die Kriegserklärung an Großbritannien und die USA für null und nichtig.  

Der Kaufmann und Bürgermeister Boonpong aus Kanchanaburi, dem Ort an welchen die später so berühmte "Brücke am Kwai" gerade gebaut wurde,
  hielt über die Untergrundorganisation „V“ Kontakt zur Anti-Japan Bewegung,  allerdings ganz unauffällig.  Er hatte zusammen mit seinem Bruder einen Lebensmittelladen  und eben dieser war Hauptlieferant für die Versorgung  japanischen Kriegsgefangenen an der Eisenbahn nach Burma.  Wenn die Japaner wollten, daß die PoW ( Prisoners of War ) an der Strecke arbeiteten, mußten sie diese mit dem Notwendigsten versorgen, möglichst kostengünstig und aus lokalen Quellen.

Boonpong machten die günstigsten Angebote und stieg so ab 1943 zum Hauptlieferanten auf.   Er hatte als solcher viele Privilegien und konnte unter anderem die Camps beinahe unkontrolliert und nach Gutdünken besuchen, um Waren zu liefern.  
Die Organisation „V“ wurde geleitet von einem internierten britischen Mann und seiner thailändischen Frau Milli.  Diese und viele andere Frauen hatten die gefährliche Aufgabe, Geld und Medikamente möglichst unauffällig  über die vielen LKW-Fahrer an die Gefangenen zu überbringen.

Boonpongs Verhältnis zu den Japanern war nach außen hin so gut, daß er sich stolz mit Soldaten vor seinem Laden fotografieren ließ. Sie waren ja „Verbündete“, und bis zum Schluß haben die Japaner seine geheimen Hilfsaktionen nicht entdeckt.  Hätten sie es, wäre nicht nur er selbst sondern auch seine ganze Familie umgebracht worden.

Die Camps stromaufwärts von Kanchanaburi hatten den größten Bedarf an an Essen und Medizin.  Nicht nur, weil die Japaner  Medikamente – vorzugsweise gegen Malaria, Ruhr und Cholera  -  für ihre eigenen Soldaten verwendeten, sondern weil die Camps auch mit den Schiffen nicht mehr direkt  erreicht werden konnten.  

Boonpong belieferte  mit  Elefanten auch diese Camps und  schmuggelte sogar Batterien für die selbstgebauten Empfänger der Gefangenen.  Medikamente wurden in Wassermelonen versteckt und  die Frau von Boonpong schwamm in der Nacht durch  den  Kwae-Fluß mit wasserdicht verpackten Medikamenten um den Hals.   Durch die Medikamentenlieferungen sank die Todesrate von drei am Tag auf einen in der Woche.

Offiziere erhielten einen Dollar pro Tag, Mannschaften vier Pennies.  Die Offiziere teilten ihr Geld hälftig, um für  ihre Soldaten Medikamente zu beschaffen und Gemüse zur Ergänzung der knappen  Rationen. Medikamente waren das teuerste,  aber  britische Geschäftsleute  aus Bangkok und wohlwollende Unterstützer spendeten Geld, das von Boonpong in Thai-Zigarettenpackungen versteckt wurde. Von irgendwo gab es die passenden original Steuerbanderolen mit Stempel dazu,  die Japaner schöpften keinen Verdacht und  ließen die Packungen unkontrolliert durch.

Ein schottischer PoW  konstruierte insgesamt sieben Radioempfänger, die in verschiedenen Alltagsgegenständen versteckt wurden, unter anderem in einem selbstgebauten Besen.  Das letzte Radio wurde aus Teilen gebaut, die als Ersatzteile im frisch gelieferten Radio des Kommandanten versteckt waren. 
Ein Gerät ist erhalten geblieben und wird im Death Railway Museum Kanchanaburi gezeigt.   1943 gab es noch keine Transistoren, die Geräte waren mit Röhren aufgebaut!
Der australische Arzt und PoW  Colonel  Dunlop führte ein geheimes Tagebuch.  Eintrag am 25. Oktober 1943:  „unser Hospital (also das der Kriegsgefangenen) erhielt heute eine größere Lieferung wichtiger Medikamente und auch Geld.  Dank an den großartigen Mann Boonpong.“

Durch Boonpong und seine  Hilfsaktionen, besonders durch die geschmuggelten Medikamente,  haben sicher einige tausend Kriegsgefangene  überlebt.  Die Japaner hatten, entgegen allen Konventionen, sogar Rotkreuz-Pakete abgefangen und für ihre eigene Versorgung verwendet. Ihre eigene Versorgung wurde zum Ende des Krieges hin immer schlechter, da die Alliierten die Versorgungswege bombardierten.

Am 15. August 1945 endete der Krieg durch eine Rundfunkansprache Kaiser Hirohitos mit der Bekanntgabe der  bedingungslosen Kapitulation Japans.  Im September wurde Boon Pong vor seinem Laden  auf offener Strasse angeschossen.  In dem Buch „the Colonel of Tamarkan“ von Julie Summers heißt es: „Ein britischer Offizier namens Captain Newall hörte die Schüsse und eilte hinzu. Er fand Boonpong  verwundet durch mehrere Schüsse, durch seinen Nacken und Arm und sogar  in den Rücken.  Die Polizei hat mich umgebracht,  hat er gesagt.“ 

Britische Ärzte verabreichten ihm eine Bluttransfusion und operierten ihn sofort und er überlebte.  Die Hintergründe wurden nie geklärt.

1947 hatte Boonpong eine kleine Busfirma gegründet, war aber in finanziellen Schwierigkeiten.  Colonel Toosey, ein ehemaliger PoW, hörte davon und  zusammen mit ehemaligen Mitgefangenen brachte er 38.000 Pfund auf, um ihn zu unterstützen.  Die Busfirma lief von da an erfolgreich und wurde später  von seinem Sohn übernommen.  1948 wurde Boonpong der  Orden MBE (Member of the British Empire)  überreicht, er starb im  Januar 1982 im Alter von 76 Jahren.

Im Jahre 2013  brachte die Fernsehstation Thai PBS  das Drama „A War Hero Named Boonpong of Death Railway“ zur Ausstrahlung,  vier Jahre später wurde in Kanchanaburi das Musical „Death Railway Hero“ zum ersten Mal aufgeführt.