Eigentlich war er nicht Herzog von Braunschweig, sondern Herzogregent, sein richtiger Titel lautete Herzog zu Mecklenburg-Schwerin.
Nach dem Tod Wilhelms (1884) blieb es dem eigentlichen Thronanwärter Ernst August von Hannover, Herzog von Cumberland versagt, die braunschweigischen Lande zu regieren, da Preußen und das Haus Hannover seit der Annexion des hannoverschen Königreiches 1866 verfeindet waren. So wurdeJohann Albrecht von der Braunschweiger Landesversammlung zum Regenten gewählt. Er übernahm am 5. Juni 1907 die Regentschaft und zog mit Gattin Elisabeth in das Braunschweiger Schloß ein.
Wenig später, im August 1907 nämlich, traf allerhöchster Besuch ein: Seine Majestät König Chulalongkorn, 5. Regent der Chakri Dynastie von Siam.
Die beiden Herren kannten sich schon länger, 1883 war Johann Albrecht als junger Mann und „in Kolonialangelegenheiten interessiert“ unterwegs und hatte dabei in Bangkok den König kennengelernt.
Die beiden Herren verstanden sich offenbar so gut, daß Johann Albrecht einen vollen Monat Gast des Königs blieb und die beiden zusammen herumreisten. Der erste Gegenbesuch erfolgte 1897 anläßlich der Europareise seiner Majestät mit einem Besuch in Schwerin, ganz privat und nur drei Tage.
Bei der Gelegenheit sprach der Herzog eine Einladung aus, doch mal angelegentlich der nächsten Europareise des Monarchen einen Abstecher nach Braunschweig zu machen, wieder ganz privat, versteht sich.
So nahm nun der König von Siam vom 11. bis 13 August mit großem Gefolge im Schlosse Quartier und genoß die Gastfreundschaft des Herzogs und auch der Braunschweiger Stadtverwaltung, die die nicht geringe Summe von 3.000 Mark bewilligten, für stadtseitige Veranstaltungen. In einem Brief des Stadtmagistrats an die Herren Stadtverordneten heißt es:
Von kostspieligen Festlichkeiten kann dabei um so weniger die Rede sein, als diese höchsten Orts nicht gewünscht werden; vielmehr ist, soviel es die stadtseitigen Darbietungen betrifft, die Veranstaltung eines Konzertes des hiesigen Männergesangvereins, die Abhaltung eines Schauturnens auf dem Kl. Exerzierplatze und die Abhaltung einer Übung unserer Feuerwehr in Aussicht genommen wird. Endlich würde noch vielleicht die Ausschmückung einzelner Strassen und Plätze in Frage kommen, die aber in bescheidenen Grenzen zu halten ist.
In der Tat ein bodenständiges Programm, sparsam und doch vielfältig! Die Darbietungen von Feuerwehr, Liedertafel und Turnen erfreuten den siamesischen Herrscher ob ihrer Exotik auf jeden Fall, so daß er in seinem Tagebuch vermerkte:
„Ich war der Meinung, daß das Einüben dieses Konzertes sehr schwer war. Die Sänger wurden nach dem Vergleich ihrer Stimmhöhen mit der Trompete und der Geige gruppiert. Einige Passagen sangen sie ohne musikalische Begleitung. Das fand ich sehr schön.“
Das Konzert war ausdrücklich als Wohltätigkeitsveranstaltung annonciert, und so berichtete die Braunschweiger Landeszeitung am 14. August:
„Der König von Siam hat dem Louisenstifte aus Anlaß des Konzertes der Vereinigten Männergesangvereine im Hoftheater und der Krankenanstalt vom Roten Kreuz aus Anlaß des Schauturnens je einen Betrag von 500 Mark überweisen lassen.“
Die Vorführung der Feuerwehren wurde realistischer als geplant, denn sie hatten kaum angefangen, da erreichte sie eine Alarmmeldung: Die Braunschweiger Maschinenbauanstalt brennt! Sie mußten also abrücken und löschen, zum Glück brannte nur das Dach der Gießerei und konnte rasch unter Kontrolle gebracht.
Militärisches durfte zur damaligen Zeit nicht fehlen, und so berichtet die Zeitung:
Heute früh fand zu Ehren des Königs von Siam auf dem Exerzierplatze eine militärische Übung unter dem Kommando des Kommandeurs der 40.Infanteriebrigade, Generalmajor v. Pritzelwitz [Kurt Karl Wilhelm Gustav von Pritzelwitz, 1854 - 1935] statt, an der das Braunschweigische Infanterieregiment No.92, das Husarenregiment No.17 und zwei Batterien des Feldartillerie-Regiments No.46 aus Wolfenbüttel teilnahmen. Der Übung wohnten der Herzogregent mit Gemahlin, der König von Siam mit dem Prinzen Paribatra und die beiderseitigen Gefolge bei. Eine ungeheure Zuschauermenge hatte sich eingefunden und begrüßte die Fürstlichkeiten lebhaft. An eine Gefechtsübung schlossen sich Exerzitien. Die Übungen endeten mit einem Parademarsch.
Bevor der König mit seinem Hofstaat abreiste, pflanzte er noch einen Baum im Garten des Schlosses. Offensichtlich hatte sich im Gespräch ergeben, daß Staatsgäste in Siam wohl bei Besuchen einen Baum zu pflanzen pflegen und man diese schöne Sitte doch hier fortführen könne.
Flugs wurde also eine Linde beschafft, Chualongkorn vermerkte in seinem Tagebuch:
„Ich fand meinen Baum ungewöhnlich, denn fast alle seine kleinen und großen Wurzeln waren abgeschnitten und er hatte keinen Erdballen.“
Damit endete der Freundschaftsbesuch in Braunschweig und seine Majestät begab sich weiter nach Essen, um die Firmen Krupp und Henschel zu besuchen, deren Produkte – Kanonen und Eisenbahnen- ihn sehr interessierten. Siam war von Kolonialmächten umgeben: im Osten hatten die Franzosen Vietnam, Laos und Cambodia in Besitz genommen, Burma im Westen war unter britischer „Schutzherrschaft“ und die malaiische Halbinsel seit 1824 schon britische Kolonie. Eine Reise an die westliche oder nördliche Grenze dauerte mit Schiff und Elefanten mehrere Wochen, was einen Eisenbahn auf einen Tag verkürzen würde.
Herzog Johann Albrecht war seit 1886 mit der Prinzessin Elisabeth von Sachsen-Weimar-Eisenach vermählt, die am 10. Juli 1908 nach schwerer Krankheit auf Schloss Wiligrad verstarb und im Doberaner Münster beigesetzt wurde.
Auf Anraten seiner Freunde und wohl auch diskreter Vermittlung vermählte er sich 15. Dezember 1909 erneut, mit der achtundzwanzig Jahre jüngeren Prinzessin Elisabeth zu Stolberg-Roßla. War seine erste Frau wohl, wie es in einem zeitgenössischen Berichten überliefert ist, ein „mordsgarstiges Weib“, so brachte die zweite Elisabeth wortwörtlich frischen Wind ins Schloß. 28 Jahre jünger als der Herzog war sie attraktiv und unternehmungslustig und die Kunde davon verbreitete sich wohl bis nach Siam, wie Thailand damals hieß.
Leider ist wohl die gesamte Korrespondenz beim Brand des Schlosses vernichtet worden, sonst hätten wir sicher die offizielle Einladung Chulalongkorns gefunden. Sie könnte etwa so gelautet haben:
„Lieber Freund, soeben habe ich von deiner Hochzeit erfahren! Es ist gut, daß Du wieder geheiratet hast, ein Mann sollte nicht allein sein. ( Anm. des Autors: Chulalongkorn hatte 135 Ehefrauen, von denen 35 ihm 76 Kinder gebaren ) Hiermit lade ich Dich und Deine Gattin ein, einige Tage bei mir zu Gast zu sein. Bitte telegrafiere mir, wann Ihr reisen wollt"
So oder so ähnlich, und höchstwahrscheinlich auf Englisch, denn Chulalongkorns Vater, König Mongkut hatte bereits 1862 sehr vorausschauend eine Englischlehrerin für seine 62 Kinder engagiert. Das war niemand anders als Anna Harriette Leonowens, britisch-indische Lehrerin und Schriftstellerin. Ihr Name wurde weltbekannt durch den 1956 mit Yul Brynner als König Mongkut gedrehten Musicalfilm „Anna und der König von Siam“.
An dieser Stelle mag es interessant sein zu wissen, daß man in Thailand die Könige im „innerthailändischen“ Sprachgebrauch nicht mit Namen nennt, sondern die Regierungen ราชการ durchzählt. Der 4. König, also der Vater von Chulalongkorn, wird als „Regierung ราชการ Nr.4“ bezeichnet. Im Verkehr mit nicht-Thais sagt man stattdessen Rama IV. Der eigentliche Name wird aber verwendet, wenn es um Bezeichnungen geht wie Mahidol University oder Bhumpol Staudamm. Der jetzige König ist der zehnte der Chakri Dynastie und heißt offiziell Maha Vajiralongkorn Bodindradebayavarangkun มหาวชิราลงกรณ บดินทรเทพยวรางกูร, wobei der Zusatz „Maha“ der Erhabene bedeutet. Er ist seit dem 13. Oktober 2016 König von Thailand, die formelle Krönungszeremonie wurde aber noch nicht vollzogen.
Das herzogliche Paar nahm die Einladung an, sicher auch auf besonderen Wunsch der unternehmungslustigen jungen Herzogin. Der Herzog selbst verband das Erfreuliche mit dem Nützlichen und reiste nach dem Besuch in Siam weiter in „Kolonialangelegenheiten“ nach Sumatra, Java, Bali, Kiautschu (China) und Japan.
Im Gegensatz zu König Chulalongkorn haben weder Herzog noch Herzogin Tagebuch geführt, aber es sind Berichte von verschiedenen Seiten überliefert.
Die meisten Information lieferte damals die die „Regenbogenpresse“, vornehmer ausgedrückt die Hochberichterstattung der Braunschweiger Anzeigen, dem amtlichen Blatte für das Herzogtum Braunschweig.
Die Zeitung ist zum Glück im Original für die entsprechende Zeit erhalten, vielen Dank an dieser Stelle an das Niedersächsische Staatsarchiv Wolfenbüttel. Die nachfolgenden Zitate sind der genannten Zeitung entnommen.
Eine weitere Erwähnung findet das herrschaftliche Paar im Tagebuch des Eisenbahners Luis Weiler.
29. Dezember 1909: Das herzogliche Paar begibt sich zum Bahnhof, um mit dem Salonwagen nach Genua zu reisen, daselbst sie ohne größeren Aufenthalt den Liniendampfer „Yorck“ des Norddeutschen Lloyd besteigen. Nach einem Stop in Neapel beginnt am Sylvesterabend endlich die große Reise. Sie führt durch den Suez über Colombo nach Penang, dann weiter nach Singapore, wo die Asienlinie des Norddeutschen Lloyd endet. Für den Liniendienst Singapore-Bangkok stand hier der Dampfer „Delhi“ der gleichen Reederei bereit, der Platz für 34 Passagiere in der ersten Klasse bot.
Am 26. Januar 1910 erreichte die Reisegesellschaft die Mündung des Mae Nam Chao Phraya, wo Herzog und Herzogin vom Prinzen Damrong Rajanubhab an Bord der königlichen Yacht „Maha Chakri“ empfangen wurden. Während die übrige Gesellschaft mit dem Dampfer weiter zum Hafen fuhr, genoss das herzogliche Paar einen prachtvollen Empfang durch König Chulalongkorn persönlich an der Anlegestelle des alten Königspalastes. Nach dem Zeremoniell begab man sich mit dem Automobil in den Dusit Park, wo im königlichen Palast Quartier bereitet war.
September 2018: Wir begeben uns mit der deutschen Bahn, zweiter Klasse, nach Frankfurt zum Flughafen. Der Zug ist ausnahmsweise pünktlich, der Check-in dank Vielfliegerstatus einen Sache von wenigen Minuten. Dauerte die Anreise mit dem Schiff knapp 4 Wochen, müssen wir nur zehneinhalb Stunden ausharren, bevor wir thailändischen Boden betreten können. Der Flughafen „Suvannaphum“, der Name bedeutet soviel wie „goldenes Land“ auf Sanskrit, ist riesig, BER würde mindestsn zweimal hineinpassen, wenn er irgendwann mal fertig wird. Die Bauarbeiten für Suvannphum wurde im Januar 2002 begonnen, am 28. September 2006 um 03:00 Uhr wurde der Betrieb aufgenommen. Das erste Flugzeug im internationalen Verkehr war eine Maschine der
Lufthansa Cargo aus Mumbai kommend, die um 03:05 Uhr eintraf. Der fast reibungslose Umzug vom alten Flughafen Don Muang zum neuen Flughafen war den Erfahrungen des Münchner Flughafens zu verdanken, wo ebenfalls innerhalb einer Nacht der gesamte Umzug vollzogen wurde.
Um den Fußmarsch einmal quer durch den Airport abzukürzen, hatten wir den Fast Lane Service gebucht, mit einem elektrischen Wägelchen vom „Finger“ direkt zum Sonderschalter der Immigration. Nach einer Abfertigungszeit von etwa 1 Minute pro Person waren wir durch. Wenn nur zwei A-380 landen, stehen rund 1.000 Passagiere vor den normalen Schaltern, da sind Wartezeiten von einer Stunde oder mehr durchaus normal.
Jetzt werden wir auch endlich vom König begrüßt: Ein Porträt des regierenden Monarchen Maha Vajiralongkorn Bodindradebayavarangkun, seit dem 13. Oktober 2016 im Amte. Bilder des Königs hängen in allen staatlichen Einrichtungen, oft zusammen mit den Bildern seiner Mutter und seines Vaters, dem verehrten König Bhumipol Adulyadej.
Unser bestellter Wagen wartet schon, um uns in das gebuchte Hotel in Salaya zu bringen, nur 50 km vom Flughafen entfernt, aber einmal quer durch Bangkok im katastrophalen morgendlichen Berufsverkehr.
Mitschuld an der Verkehrssituation ist eigentlich König Chulalongkorn. Seine Begeisterung für das Automobil kannte keine Grenzen, so daß er etliche Exemplare für sich und seine Familie importieren ließ, als Kaiser Wilhelm II noch der Meinung war :“das Automobil ist eine vorübergehende Erscheinung“.
Da die Siamesen, zumindest die wohlhabenden, die Begeisterung teilten, wurden immer mehr Automobile ins Land geholt, die natürlich auch entsprechende Strassen brauchten. So wurden nach und nach etliche der Kanäle zugeschüttet, die Bangkok vor 1900 den Beinamen „Venedig des Ostens“ gaben. Das war nicht unbedingt eine gute Idee, denn damit wurde auch der Wasserabfluß auf den Hauptstrom und einige Nebenkanäle reduziert. Der Mae Nam Chao Phraya hat einen merklichen Tidenhub, und in der Monsunzeit bahnt sich seit 100 Jahren das Wasser eben auch einen Weg in den Strassen. Die alten Holzhäuser an den Kanälen standen und stehen noch auf Pfählen, etwa eineinhalb Meter über dem Wasser, da ist Hochwasser kein Problem.
Januar 1910: Der in Bangkok residierende deutsche Arzt Friederich Schaeffer hat dankenswerterweise Tagebuch geschrieben, aus welchem uns Einzelheiten über den Aufenthalt überliefert sind.
Der 1868 in der Provinz Posen geborene Dr. Friedrich Schaeffer ließ als 1908 als Stabsarzt der preußischen Armee beurlauben und ging nach Bangkok, um dort den Posten eines medizinischen Beraters der Armee zu übernehmen. Dr. Schaeffer legte auch den Grundstein zum renommierten Chulalongkorn-Hospital, welches 1914 von König Vajiravuth, einem Sohn Chulalongkorns feierlich eröffnet wurde.
Hatten die Stadtverordneten von Braunschweig ganze 3.000 Mark lockergemacht, so tat Chulalongkorn einen tiefen Griff in die königliche Schatulle. Laut Doktor Schaeffer soll der Empfang mit allem drum und dran um 2 Millionen Tikal gekostet haben. Die damals gängige Währung in Siam, der Tical wurde von den Siamesen selbst Baht genannt und entsprach etwa 15g Silber.
Noch zu Zeiten Chulalongkorns wurde das Dezimalsystem für Münzen eingeführt, aber die Viertelteilung für die kleinsten Münzen gilt bis heute: 1 Baht entspricht 4x 25 Satang. Allerdings bekommt man Satangmünzen nur beim Geldwechsel zu Gesicht, wenn auf Bruchteile eines Baht herausgegeben wird. Die übliche kleinste Münze ist der Baht, knapp 40 davon entsprechend einem Euro und sind der Gegenwert für eine Nudelsuppe in einem Strassenrestaurant.
Geschichte des Geldes in Siam
Die gesamte deutsche Gemeinde in Bangkok war natürlich begierig, dem herzoglichen Paar vorgestellt zu werden, und so wurde ein Abend im deutschen Klub anberaumt. Der Herzog überstand die Prozedur „mit bewunderswerter Langmut“, schreibt Friederich Schaeffer in sein Tagebuch.
Ansonsten verbrachten die hohen Herrschaften die letzten Januartage mit Empfängen, Diners, Bällen und Musikaufführungen.
September 2018: Wir haben im Hotel Salaya Pavillon Logis genommen, denn da checkt man nicht
einfach ein. Gediegen altmodischer Charme. Das in den 70er Jahren gebaute Hotel belegt die obersten Stockwerke des International College der bekannten Mahidol Universität. In Deutschland würde man dazu Fachschule für Hotel-und Restaurantwesen sagen. Es ist das einzige Hotel im Ort, denn hierher kommen keine Touristen, nur Besucher der Universität. Ein dicker Teppich dämpft alle Schritte, kein Gewusel in der Lobby, keine schnatternden chinesischen Reisegruppen, der Gast wird mit ausgesuchter Höflichkeit begrüßt. Vom Fenster hat man einen weiten Blick bis
zur Skyline von Bangkok, die allerdings oft im Dunst der Großstadt verschwimmt.
Salaya ist eine Stadt im Nakorn Pathom, einem Nachbarbezirk von Bangkok, aber eigentlich mehr ein Vorort, und gleichzeitig eine Universitätsstadt. Der Campus der Mahidol Universität mit ihren Fakultäten nimmt die ganze Innenstadt ein und ist so groß, daß ständig kostenlose Shuttlebusse zwischen den Einrichtungen hin und herfahren.
In Tailand wird bei allen öffentlichen Aufführungen und im Kino die „Königshymne“ gespielt, wobei die Anwesenden sich erheben. Im Kino kommt das vom Band und klingt auch entsprechend, es von 50 Streichern zu hören war beeindruckend und in der Tat majestätisch.
Tagebuch Luis Weiler vom 9. Januar 1910: "Letzten Sonntagabend folgte ich einer Einladung des Kronprinzen zu einer siamesischen Theatervorstellung, der auch der König beiwohnte. Bangkok steht jetzt unter dem Zeichen des bevorstehenden Besuches des Herzogs Johann Albrecht. Der König trifft umfassende Vorbereitungen für den Empfang. Es sollen eine MillionTicals dafür ausgeworfen sein."
Januar 1910: „wir verließen die Residenz in Bangkok, um bei dem Bergschlosse von Petchburi Erholung von den Strapazen der letzten Tage zu suchen. Nach 4stündiger Bahnfahrt durch Dschungeln und höher gelegene fruchtbare Gegenden gelangete der Extrazug am Nachmittage des 31. Januar nach Petchburi, einem kleinen Landstädtchen, am gleichnamigen Flüßchen gelegen.
Schon von weitem fielen die aus der Ebene aufwachsenden Berge auf, die die Formation ihrer Entstehung und ihren lavaartigen Charakter wahrscheinlich früheren Seebeben verdanken.
Seine Majestät hat eine entzückende kleine Residenz auf einem der Berge, wo er eine europäisch eingerichtete Wohnung mit allem Comfort bezieht. Die hohen Herrschaften und die Reisebegleitung werden etwas unterhalb davon in einem sehr bequemen Gästehaus untergebracht.“
September 2018: Mangels Sonderzug nehmen wir die normale Eisenbahn, um nach Petchburi zu gelangen. Nicht ganz 4 Stunden, aber immerhin fast 3 benötigt unser Zug, die Zeit angenehm verkürzt durch ein kleines Mittagessen, das gereicht wird. Jeder Wagen hat ein Begleiterin, die zur Mittagszeit für jeden Passagier ein Tablett anreicht mit Reis und zwei Beigerichten, dazu Wasser. Alles im Fahrpreis enthalten, allerdings auch wieder sehr viel Plastikmüll.
Der freundliche Zugschaffner hilft uns noch mit dem schweren Koffer beim Ausstieg, dann sind wir endlich in Petchburi angekommen und werden von König Chulalongkorn begrüßt: Sein Bild hängt in der kleinen Bahnhofshalle, ganz groß in der Mitte.
Die Taxia-Mafia schlägt zu. Es stehen etliche der kleinen Sammeltaxis am Bahnhof und warten auf Kundschaft. Der Fahrpreis zum Hotel soll 100 Baht betragen ( etwa 2,50 € ), alles Feilschen hilft nicht, die würden uns glatt stehen lassen, und eine andere Möglichkeit gibt es nicht.
Begegnung mit dem Herzog nach 108 Jahren. Wir schlendern durch die Andenkenläden und da ist die royale Reisegruppe, lange vor unserer Zeit. Ein schön gerahmtes Panoramafoto, von dem aber vor Ort niemand weiß, wer da abgebildet ist.
Etwas dichter ran:
und noch etwas dichter:
Ganz links die Gattin des französischen Gesandten, daneben ihr Gemahl, in der Mitte Herzog Johann Albrecht, ganz außen die Herzogin. Stehend mit Säbel Prinz Damrong, dahinter vermutlich seine Tochter. „Man kann die Gesichter ja gar nicht erkennen!“ wird der aufmerksame Leser einwerfen. Richtig, wir haben die Personen der Kleidung nach zugeordnet, denn später gab es noch ein Foto, auf dem die Gesichter zu erkennen sind. Beide Fotos sind zweifellos am selben Tage aufgenommen worden.
Aber zurück zum Andenkenladen Obwohl wir nichts kaufen, dürfen wir das Bild abfotografieren. Der jungem Mann erzählt uns, daß seine Oma wohl noch als Kind den Besuch der selbst Herrschaften erlebt hätte.
Das eigentliche Ziel für heute ist aber der Bergpalast, der auf dieser Postkarte abgebildet ist:
Es führt mittlerweile eine Standseilbahn hinauf, für die ausländische Touristen mal wieder eine
doppelten Fahrpreis entrichten sollen. Leider hilft auch hier kein Verhandeln, es ist leider eine weit verbreitete Sitte, von ausländischen Gästen für verschiedene Sehenswürdigkeiten einen wesentlich höheren Preis zu fordern als von Einheimischen.
Am obersten Aussichtspunkt angekommen müssen wir als erstes die Beschriftung der Postkarte bemängeln. Dieses Bild bietet sich uns dar – vom Bergschlößchen gesehen.
Das ist aber nicht das Schlößchen, sondern der private kleine Tempel der königlichen Familie auf dem gegenüber liegenden Hügel. Seien wir nachsichtig, bei einem so exotischen Fotoobjekt kann eine falsche Beschriftung schon mal vorkommen.
Wir sind über einen gut ausgebauten, wenn auch vom regen etwas glitschigen Weg hinüber gegangen und haben dieses Fotos aufgegommen.
Wir beherzigen die Hinweisschilder, die uns vor den aufdringlichen Affen warnen. Sie schauen zwar neugierig, aber wenn man sie ignoriert, belästigen sie die Gäste auch nicht.
Sie tragen alle Nummern, weil sie sterilisiert worden sind.
Die Räumlichkeiten haben Fenster nach allen Seiten, so daß es sich trotz fehlender Klimanlage sicher gut aushalten ließ. König Chulalongkorn als der große Erneuerer hatte sicher schon elektrischen Strom im Palast und Ventilatoren, aber keine Klimanlage, die wurde überhaupt erst 1906 von Willis Carrier zum Patent angemeldet. Das erste damit ausgerüstete Gebäude war 1919 ein Kino in den USA.
Elektrischer Strom war schon wesentlich früher verfügbar, am 20. September 1884 wurde der Maha Chakri Palast in Bangkok erstmals elektrisch beleuchet. Der Strom kam von zwei Generatoren, die für die enorme Summe von 14.400 Baht aus England beschafft worden waren. Es ist daher anzunehmen, daß auch der Bergpalast zum Zeitpunkt des Besuches schon elektrifiziert worden war.
Wir beschlossen den Tag zwar nicht mit einem Galadiner, aber mit einem leckeren Essen in einem Restaurant mit dem schönen Namen KING KONG nahebei. Nach etlichen trockenen Tagen gab es endlich auch wieder das geliebte Chang Bier, man erinnere sich, daß auf dem gesamten Mahidol Campus Alkoholverbot herrschte!
Der nächste Tag sollte uns dann weiter auf den Spuren der hohen Herrschaften führen, der Hofberichterstatter schrieb damals etwas schwärmersich:
Januar 1910:
„Zu den Sehenswürdigkeiten Petchburies ( Anm. des Autors: das übersetzt Diamantenstadt heißt ) gehören Tropfsteinhöhlen. Auf dem Rücken der kleinen reizenden Ponies erreichten wir in etwa einer Stunde ( vom Bergpalast) diese Sehenswürdigkeit und waren überrascht von der geradezu überwältigenden Größe dieser Gruppe von Höhlen. Die Aufstellung unzähliger goldener Buddhas und altehrwürdiger Pagoden beweist, daß auch der Buddhist diesen Platz, der wie keiner in der Welt geschaffen ist zur inneren Einkehr und zum Nachdenken über alles irdische, seit undenklichen zeiten der Meditation geweiht sei. Alle standen unter dem Zauber dieser Felsenräume und an dem ewig wechselnden Spiele mächtig einflutenden Lichtes konnte sich das Auge nicht sattsehen.!
Genau an diese Stelle des Berichtes gehört nun
der Vollständigkeit halber nochmal dieses Foto:
Und dieses, 108 Jahre später aufgenommen:
Die Reisfelder sind verschwunden, statt auf niedlichen Ponies zu reiten, fahren wir mit einem Sammeltaxi. Diesmal bekommen wir einen günstigen Preis, denn wir müssen ja nicht mehr unbedingt vom Bahnhof wegkommen, sondern können fahren, oder eben nicht fahren, dann verdient der Fahrer nichts.
Und da sind wir, die Braunschweiger, wortwörtlich in den Fußspuren des Herzogspaares.
Da die Höhle mittlerweile touristisch erschlossen ist, es gibt einen Betontreppe zum Abstieg und elektrische Beleuchtung, ist an innere Einkehr nicht zu denken. Mit etwas Glück ist aber keine schnatternde chinesische Reisegruppe unten und man kann diese wunderbare Bild genießen:
Die vom Chronisten erwähnten altehrwürdigen Pagoden sind eigentlich Stupas, auf thailändischen Chedis genannt. Der oder auch die Stupa, das Wort kommt aus dem Sanskrit, ist ein buddhistisches Bauwerk, das Buddha selbst und seine Lehre, das Dharma, symbolisiert. In vielen Chedies werden Reliquien des Erleuchteten, das bedeutet der Name Buddha, aufbewahrt.
Die vom Chronisten erwähnten sieht man auf dem Foto am linken Bildrand, wir gehen natürlich etwas näher heran. Genau in der Mitte ist ein Bild aufgestellt, der Leser muß nicht lange raten, wer abgebildet ist.
Photo in 1910. Niemand weiß genaues. Doch, wir. Ganz links mit fehlendem Haupthaar der Herzog, daneben die Herzogin. In der Mitte wieder Prinz Damrong mit seinen beiden Töchtern, rechts der französische Gesandte mit Gattin.
Noch ein paar Eindrücke von der Höhle
Die hohen Herrschaften sind einige Tage später mit der Bahn zurückgereist nach Bangkok, um von dort noch der alten Hauptstadt Ayutthaya einen Besuch abzustatten.
Wir dagegen lassen uns vom gleichen Taxi, diesmal zu einem noch günstigeren Preis, ans Meer fahren, nach Haad Chao Samran, einem kleinen Seebad nur 60 km entfernt. Der Name bedeutet soviel wie Strand, wo der König Freude hatte und bezieht sich auf König Naresuan. Dieser lebte im 16. Jahrhundert und soll während seiner Regierungszeit den Strand mehrfach besucht haben zur Entspannung, verständlich während dieser doch sehr kriegerischen Zeit der Ayuttaya-Periode.
Heute möchte Haad Chao Samran ein Badeort für einheimische Urlauber sein, erreichbar von Bangkok in etwa zwei bis drei Stunden. Urlaub am Meer sieht für den Thai-Urlauber so aus: Die Erwachsenen setzen sich in den Schatten, lassen sich Essen und Trinken kommen und genießen die kühle Briese. Die Kinder planschen angezogen im seichten Wasser. Der Strand ist wirklich kilometerlang und leer, denn niemand wird in der Sonne dort entlang laufen. Man kann weit ins Wasser gehen, bis es wirklich tief wird, darum ist das Meer auch trübe vom Sand nicht nicht wie erwartet glasklar und blau oder grün.
Fliegende Händler bieten alles notwendige an: Matten zum Sitzen, kleine Tische, Schwimmwesten für die Kinder. Speisen werden nach Wunsch aus den umliegenden Restaurants geholt, es ist bestens für einen erholsamen Aufenthalt gesorgt. Jedenfalls für einheimische Urlauber, denn auf ausländische Gäste ist man überhaupt nicht eingestellt. Im ersten Haus am Platze, direkt am Meer und mit winzigem Pool, ist schon das Frühstück gewöhnungsbedürftig. Sieht zwar lecker aus, aber anstelle von Kaffee gibt es eine Tasse heißes Wasser, die der geschätzte Gast dann mittels einer Portionspackung Pulverkaffee selbst einfärben soll. Dabei hat Thailand erstklassigen Kaffee, der seit Jahren in den Bergen im Norden wächst.
Deswegen zum Thema Kaffee noch ein Beitrag zum Abschluß.
Überall gibt es „Kaffeebuden“ in denen einheimischer Kaffee an chromblitzenden Maschinen aufgebrüht wird. Der Kunde hat die Wahl zwischen heißem Kaffee wie bei uns und Eiskaffee, das ganze in verschiedenen Variationen.
Leider aber nur in Plastikbechern, die kommen dann zum mitnehmen noch in eine Plastiktüte.
Thailand ist sich des Plastikmüllproblems schon bewußt, aber so ganz sind die Erkenntnisse nicht zu allen Anbietern von Lebensmitteln durchgedrungen.
Als nächstes begeben wir uns also an den "Strand königlicher Freude".
Die komplette Geschichte des Herzogs auf Hochzeitsreise bei König Chulalongkorn gibt es auch als Vortrag.http://www.tychikus.de/privat/Roepke_redet.html