Samstag, 11. Februar 2017

Was ein alte thailändische Briefmarke so alles erzählen kann

In alten Sachen kramen macht Spaß, weil man da Dinge findet, die man nie gesucht hat. Zum Beispiel ein altes Briefmarkenalbum. Schöne bunte Marken als Erinnerung, aber halt, was ist das denn? Billigstpapier, an einer Seite gar keine Zähnung, muß aus dem letzten Krieg stammen! Khabot,
also Aufstand, steht drauf. Siam wurde am 24. Juni 1939 auf Veranlassung von Ministerpräsident Phibunsongkram in Thailand umbenannt, also muß die Marke nach diesem Zeitpunkt gedruckt worden sein. Aber um welchen Aufstand handelt es sich? Es handelt sich um eine Erinnerungsmarke an die Boworadet Rebellion กบฎบวรเดช , genauer gesagt dessen Niederschlagung durch die Regierungstruppen am 23. Oktober 1933. Die Marke wurde 10 Jahre später, also 1943, gedruckt und das abgebildete Monument ist das „Constitution Defense Monument“ im Khet Lak Si (Bezirk des Meilensteins Nr. 4 ) nicht weit vom Don Mueang Flughafen.

Es wurde  am 4. November 2016 abgebaut,  um Platz für die neue Mo Chit Hochbahn zu machen. Die Arbeiten wurden wurde von einer religiösen Zeremonie begleitet, weil sich im Inneren des Monuments die Asche von beim Aufstand gefallenen Soldaten befindet. Der Verbleib des Monuments ist unbekannt, schreibt die Zeitung KhaosodEnglish.

Hier die Geschichte: Im März 1933 wurde Pridi Phanomyong ปรีดี พนมยงค์, Staatsminister und Mitglied der Volkspartei, verbal vom konstitutionellen Monarchen König Prajadhipok พระปกเกล้าเจ้าอยู่หัว ( Rama VII) als Kommunist angegriffen. Die Nationalversammlung hatte in ihrem „National Economic Development Plan“ ( Weißbuch, in Wirklichkeit war es gelb und bekannt als „Yellow Cover“) vorgeschlagen, eine staatliche Fürsorge einzurichten, alles geeignete Land an die Bauern zu verteilen, die Landwirtschaft zu subventionieren und auch lenkend in private Investitionen einzugreifen.
Dieses Konzept wurde vom Monarchen als kommunistisch oder zumindest sozialistisch angesehen und verworfen. Dies führte dazu, daß der Privatmann Thawan Rithidet eine Klage gegen den König einreichte und ihn der Intervention in politische, staatliche und wirtschaftliche Angelegenheiten beschuldigte. (was er als konstitutioneller Monarch nicht durfte ) Pridis Plan teilte das Kabinett und führte zur Auflösung der Nationalversammlung am 1. April durch den Premierminister Phraya Manopakorn Nititada, Pridi wurde nach Frankreich verbannt. Am 20. Juni ergriff ein hochrangiger Offizier in der Armee und Mitglied der Khana Ratsadorn คณะราษฎร ( Volkspartei ) General Phraya Phahon Phon Phayuhasena die Macht in einem Staatsstreich. Er ernannte sich zum zweiten Premierminister von Thailand, erklärte Pridi Phanomyong für nicht schuldig und erlaubte ihm, aus Frankreich zurückzukehren.

Prince Boworadet, ein in England  ausgebildetes entferntes Mitglied der Königsfamilie (er war ein Sohn von Prinz Naret, der wiederum der Sohn war von König Mongkut und einer seiner Nebenfrauen ), war Verteidigungsminister gewesen und Botschafter in Frankreich, er verlor seine Positionen nach der Revolution von 1932. Als glühender Royalist war er wütend, dass jemand gegen den König klagen durfte. ( der amtierende König Prajadipok war sein Cousin, d.h.  beider Großvater war König Mongkut. )  Prinz Boworadet besprach sich heimlich mit Oberst Phraya Sri Sitthi Songkhram, dem Kommandanten der Streitkräfte von Bangkok, und anderen hochrangigen Offizieren, um einen Staatsstreich zu inszenieren und die neue Regierung zu stürzen. Am 11. Oktober 1933 führte Prinz Boworadet die Regimenter aus Korat, Phetchaburi und Udon zusammen mit einer Kavallerie-Einheit und mehreren Artilleriebatterien in Richtung Hauptstadt, nur um zu erkennen, daß die Militärs in Bangkok nun doch die neue Regierung unterstützten und nicht seine Umsturzpläne. Trotzdem beschloß er, den Aufstand fortzuführen. Der erste Zusammenstoß ereignete sich am 11. Oktober 1933 in Amphoe Pak Chong in der Provinz Nakhon Ratchasima Die Regierungskräfte wurden geschlagen und mehrere Mitglieder der Regierung wurden gefangen genommen.

 Prinz Boworadet versuchte andere Kräfte davon zu überzeugen, sich ihm anzuschließen,
einschließlich der Royal Thai Navy, die aber erklärte sich für neutral und segelte zu den Basen im Süden. Die Regierung ernannte nun Oberstleutnant Luang Phibulsonggram พิบูลสงคราม zum Oberbefehlshaber der Truppen in Bangkok, um die Rebellion niederzuschlagen. Nach heftigen Kämpfen am 12. Oktober waren die Rebellen in der Lage, Don Mueang am Rande der Stadt Bangkok zu besetzen. Major Luang Seri Somroeng wurde in einem Waffenstillstand beauftragt, mit den Rebellen über eine Kapitulation zu verhandeln, entgegen allen Gepflogenheiten wurde dabei von den Rebellen gefangen genommen.

Die Regierung in Bangkok weigerte sich, die Forderungen der Aufständischen zu erfüllen, und diese

zogen daraufhin weiter in die Hauptstadt vor und eroberten schließlich das Gebiet um Bang Khen. Am 14. Oktober konnten die regierungstreuen Militärs mit auf Eisenbahnwagen herangebrachter schwerer Artillerie die gegnerische Stellung angreifen und die Rebellen zum Rückzug zwingen. Inzwischen hatte sich das Nakhon Sawan Regiment den Regierungstruppen angeschlossen und auch das Prachinburi Regiment war zu Hilfe gekommen. Die vereinten Regierungskräfte verfolgten die Rebellen bis Nakhon Ratchasima, wo sie 23. Oktober endgültig besiegt wurden. Viele Kämpfer wurden gefangen genommen, die Reste zerstreuten sich und die Rebellion war vorbei. Die ausgesprochenen lebenslangen Haftstrafen wurden später reduziert, viele wurden ganz begnadigt. Hinrichtungen hat es nicht gegeben.

Prinz Boworadet erhielt Asyl in Kambodscha, wo er bis 1948 lebte. Danach kehrte er nach Thailand zurück und starb 1953 im Alter von 76 Jahren. Als junger Offizier hatte er 1927 Chao Thippawan Na Chiang Tung คุ้มเจ้าทิพวรรณ ณ เชียงตุง geheiratet, eine Kammerfrau von Chao Dara Rasmi. Das Paar trennte sich aber schon 1933 wieder, Lady Thippawan  ging zurück  nach Chiang Mai.   Sie hatte großes Interesse an der Landwirtschaft und kultivierte als erstes Virgina Tabak, womit sie ein Vermögen erwarb. Ihr Wohnhaus ist jetzt ein Museum in Chiang Mai.