Samstag, 27. November 2021

A queen in trousers - Mode in Siam und Thailand


Dieses Zeitungsfoto von Königin Saovapha ist wegen der Überschrift bemerkenswert:  Eine Königin in Hosen !  Im spätviktorianischen (Queen Victoria lebte bis 1901) Europa um 1897, Chulalongkorn bereiste fast alle europäischen Länder in diesem Jahr, zeigte die Dame von Stand selbstverständlich kein Bein, egal ob mit oder ohne Hose. 

Nutzen wir die Gelegenheit und machen einen Streifzug durch die Bekleidungssitten in Siam, dem heutigen Thailand.  

 Leute, die keine Hemden tragen, sind wie nackte Leute. Ihre Körper zeigen Hautkrankheiten oder Schweiß, das ist alles sehr schmutzig. In allen anderen Ländern, großen Ländern, trägt man Oberbekleidung,  nur nicht bei den Lawa (Mon-Khmer) , Lao und bei den Cha-Ba (Waldmenschen). Sie haben keine Kleidung, weil sie eine untere Klasse von Menschen sind. 
Siam dagegen ist en großes Land, wir haben viele Sitten und Gebräuche und wir folgen nicht altertümlichen Sitten.  Ihr sollt alle Hemden tragen, wenn ihr in die königliche Audienzhalle kommt, jeder von euch! 
 (royal chronicle of the Bangkok period the fourth reign, page 377-378, by Damrong Rajanuphap) 

 Anm. Prinz Damrong war der Halbbruder von König Chulalongkorn und hat wesentlich zur Geschichtsschreibung von Siam beigetragen.

Soweit Rama IV, พระจอมเกล้าเจ้าอยู่หัว Phra Chomklao Chao Yuhua, allgemein als König Mongkut bekannt, der Ausspruch stammt vermutlich aus der Zeit um 1863.

Von dieser Zeit an waren alle Mitglieder und Besucher des  siamesischen  Königshofes gehalten, auch ein Kleidungsstück für den Oberkörper zu tragen.  Bis dahin war es für die Herren üblich, mit freiem Oberkörper zu erscheinen, die Damen trugen einen leichten Schal über der Brust
Da erst seit König Chulalongkorn aktiv am  Hofe fotografiert wurde, haben wir keine Bilder der Damenmode  aus den Zeiten davor, nur Zeichnungen und Gemälde.  Fotos aus der Zeit Mongkuts zeigen meistens den Herrscher selbst in würdevoller Pose in vollem Ornat und nicht in Alltagskleidung.

Die leichte Bekleidung damals war zum Einen dem tropischen Klima geschuldet, zum Anderen der Sicherheit des Regenten: es war schwierig, größere Waffen zu verstecken für Männer, die zur Audienz kamen. 

Mode Ayutthaya-Periode


โจงกระเบน Chongkraben - die Unisexhosen.

Männer wie Frauen trugen am Hofe Hosen, die โจงกระเบน Chongkraben.  Eine solches Kleidungsstück bestand aus einem großen Stück Stoff, das um die Hüften gewickelt wurde. Dann wurde der vordere Teil zusammengezogen und zwischen den Beinen hindurch nach hinten gezogen und  dort  eingesteckt.  So entstand ein recht praktisches Kleidungsstück, welches dem Träger oder der Trägerin große Bewegungsfreiheit gestattete.  

Mit Aufkommen der westlichen Mode  zur Zeit von Rama V. Chulalongkorn änderte sich die Mode am Hofe langsam und folgte westlichen Vorbildern. Die Dame  trug immer noch Chongkraben, dazu aber Kniestrümpfe und Schuhe. Als Oberbekleidung waren verzierte Blusen mit hohem Kragen  und Puffärmeln in Mode, wie sie von Prinzessin Alexandra (Princess of Wales from 1863-1901)  im spätviktorianischen England getragen wurden.   
Der Stoff war entweder Baumwolle oder Seide, je nach  Situation,  wobei Seide dem Adel vorbehalten war, Dienerschaft und Angestellte durften nur Baumwolle tragen, das gewöhnliche Volk sowieso.  

Waren die Kleidungsvorschriften ursprünglich dazu da, den Status des Trägers oder der Trägerin innerhalb der höfischen Hierachie zu dokumentieren, legte Chulalongkorn während seiner Regierungszeit großen Wert darauf, daß die höfische Kleidung auch den Status gegenüber der europäischen Gesellschaft entsprechend darstellen sollte.  
Auch heute,  fast 120 jahre später, ist "ordentliche" Kleidung ein wichtiges Symbol in der thailändischen gesellschaft.  Es wird strikt unterschieden zwischen Freizeitkleidung und angemessener Kleidung zu mehr oder weniger formellen Anlässen.  Mit Uniform ist man  immer korrekt angezogen.

Rajapattern Jacke für den Herrn, Spitzenbluse für die Dame.

 

Die einzige Frau, die keine Hosen sondern einen Wickelrock trug, den wir heute wie selbstverständlich mit thailändischer Tradition verbinden, war Chao Chom Dara Rasmi, Prinzessin aus Chiang Mai und seit 1886 Ehefrau von Rama V.   Sie trug den  traditionellen Rock Pha Sin aus dem Lanna Königreich mit  den westlichen Damenblusen, wie in Bangkok am Hofe üblich.  

 

Chao Dara Rasmi als einzige Frau im Wickelrock
 

Es sollte aber noch etliche Jahre dauern, bis die Chongkraben langsam verschwanden und durch Röcke ersetzt wurden. 

Für die Männer hat Chulalongkorn selbst ein Kleidungsstück kreiert,  das "Rajapattern" Jacket. Bei seinem Besuch in bBtisch-Indien 1871 beauftrage er einen Schneider in Kalkutta, ein Jacket mit Stehkragen und Knopfleiste zu fertigen, welches   sein Sekretär  Phon Bunnag  ihm zu Ehren dann  Raja pattern benannte, zusammengestzt aus dem Paliwort "raja" und dem englischen "pattern", also königlisches Muster oder Modell.    Als Beinkleider trug der König zunächst die Chongkraben dazu, später  Hosen nach westlichem Muster.  
Das Rajapattern Jacket mit Chongkraben blieb bis 1932 das "hochoffizielle" Kleidungsstück für Herren, aber inzwischen hatte sich westliche Kleidung immer mehr durchgesetzt:

Man kombinierte munter und je nach Geldbeutel Traditionelles mit Modernem.

König Phrajadipok und Königin Rambaibani im Stil der 30er Jahre gkleidet.   

Marschall Plaek Phibulsongkram, späterer Premierminister, erließ in seinem Kulturdekret  Nr. 10 vom 15. Januar 1941 dann folgende Vorschriften:

Thais ( er hatte auch kurz zuvor Siam in Thailand umbenannt) sollen nicht in unangemessener Bekleidung in der Öffentlichkeit auftreten. 
Unangemessen  ist das Erscheinen nur in Unterwäsche, ohne Hemd oder in "wraparound Hosen".   Damit waren die Chongkraben gemeint, die nun für eine Weile als rückständig galten. Was die Thais anziehen sollten, sieht man auf diesem Plakat: 


Und das Volk folgte mehr oder weniger den Vorschriften. 



König Bhumipol  mit Gattin Sirikit und Kindern

 Etwa ab 1950 hatte sich dann die westliche Mode endgültig etabliert, wobei der Wickelrock für die Damen  aber sich aber als traditionelles Modestück nicht nur etabliert, sondern sogar weiterentwickelt hat. Darüber mehr im nächsten Blog.


 

 

 
 


 

 
 

Freitag, 26. November 2021

Die traurige Geschichte von der Königin, die ertrank, weil sie nicht gerettet werden durfte.

Sunandha Kumariratana สุนันทากุมารีรัตน์, geboren am 10. November 1860 in Bangkok, kam auf tragische Weise ums leben, weil sie nicht schwimmen konnte und sie auch niemand von nicht-königlichem Stand anfassen durfte.

Sie war die Tochter von König Mongkut und dessen Frau Piam, also eine Halbschwester von Chulalongkorn und gleichzeitig dessen erste Hauptfrau.

Im Mai 1880,  Sunandha  war gerade 19 Jahre alt  und erwartetet ihr zweites Kind von König Chulalongkorn, war sie auf der Reise von Bangkok in die Sommerresidenz Bang-Pa-in bei Ayuttaya.

Sie wurde von ihrer Tochter Prinzessin กรรณาภรณ์เพชรรัตน์ Karnabhorn Bejrarat, nicht einmal zwei Jahre alt, und einer Gruppe von Wachen und Dienern begleitet. 

Wie damals üblich reiste sie die 50 km von Bangkok nach Bang Pa In mit dem Boot, es gab ja noch keine richtigen Strassen.  Das königliche Boot wurde von der Dampfyacht Pan Marut gezogen und kollidierte kurz vor dem Anlegen mit dem entgegenkommenden Dampfschiff Marawan.

Das königliche Schiff kenterte  in der  starken Strömungen und beide fielen ins Wasser. Keiner der königlichen Gefolgsleute machte Anstalten, ihnen herauszuhelfen.

Die Wachen und alle anderen vor Ort hielten sich an ein altes und strenges siamesisches Gesetz, das es keinem gewöhnlichen Menschen erlaubte, ein Mitglied der königlichen Familie zu berühren. Ein Verstoß gegen dieses Gesetz wurde mit dem Tod bestraft.

Eigentlich hatte der moderne und weitsichtige König Chulalongkorn dieses Gesetz wie andere überkommene Vorschriften von 1773 abgeschafft, was aber offensichtlich nicht überall bekannt geworden war.  Sofern es bekannt war,  hielten sich viele Leute trotzdem an das alte Gesetz, denn Chulalongkorn hatte vieles modernisiert, was zum Teil nicht verstanden worden war.  

Damals wie heute ist der Glaube an Geister weit verbreitet, damals glaubte man, daß die Rettung einer Person, die im Fluss ertrank, mit Unglück verbunden sei. Wenn jemand der Person Hilfe anbot, bedeutete dies, sich in die Pläne der  Geister einzumischen, die im Wasser lebten.

Nach diesem Vorfall, bei dem drei Leben leicht hätten gerettet werden können, ließ  König Chulalongkorn den  Wachhabenden einsperren, der keinen Befehl zum Rettungsversuch gab. Über sein weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Der König trauerte sehr um den Tod seiner Ehepartnerin, die damals  diejenige gewesen sein soll, die er am meisten  liebte. Die Trauerprozession, die für die Königin arrangiert wurde, war  bis dahin wohl die teuerste Kremation in der Geschichte Siams. 

Der König  ließ nach der Beisetzung die  königliche Sommerresidenz fertigzustellen, die seine verehrte Frau am Tag ihres unglücklichen Todes besuchen wollte. Im Hof des Palastes ließ er ein Denkmal für Sunandha Kumariratana und die Kinder errichten, eine Erinnerung an die außergewöhnlichen Umstände, die ihr Leben allzu früh beendeten.